Über Geschmack lässt sich NICHT streiten

Picanha

Brasilien ist nicht nur bekannt für die Copacabana, den Karneval und seine Seleção. Fleischliebhabern ist mit großer Sicherheit das klassische Churrasco ein Begriff: Gut bestückte Fleischspieße (Espetos), die über einem Grill (Churrasqueira) mit offenem Feuer oder Glut zubereitet werden. Picanha ist einer der bekanntesten Cuts für diese Zubereitungsart. Wie der „Kuh-Po“ auf dem Gasgrill innen butterweich und außen kross wird, erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Medium rare gegrillter Picanha auf Backpapier und Holzbrett. Salzflocken und Rosmarin schmücken das gute Stück Fleisch.

Was ist Picanha?

Falls euch einer dieser Begriffe mal um die Ohren fliegt, dann wisst ihr dass von Picanha die Rede ist: „Schwanzstück“, „Top Butt Cap“, „Top Sirloin Cap“, „Cap of Rump“, „Tapa di Quadril“, „Culotte“. Aber was ist Picanha denn nun genau? Es ist der Hüftdeckel des Rinds. Es ist jedoch kein Tafelspitz, vielmehr ist Picanha eher eine „Teilmenge“ des Tafelspitzes. Picanha behält seinen charakteristischen Fettdeckel. Tafelspitz zeigt sich „oben ohne“ und wird hierzulande meist gekocht oder geschmort. Picanha hingegen ist wahrlich prädestiniert für den Grill.

Picanha! Aber woher?

Wie so oft in der Vergangenheit habe ich bei Otto Gourmet einen Volltreffer gelandet und einen Hüftdeckel vom Irish Hereford ergattert. Vor knapp einem Jahr habe ich mich nebenbei bemerkt einfach getraut und habe Fleisch online bestellt. Mein „Mut“ wurde belohnt, denn das Ergebnis war herausragender Geschmack! Natürlich sind die Preise im Gegensatz zum „Otto-Normal-Fleischer“ intensiver, aber höchste Fleisch-Qualität hat eben seinen Preis! Otto Gourmet ist natürlich nicht der einzige Online-Händler. Weitere Anbieter hatte ich bis dato nicht probiert. Falls ihr mit eurer regionalen Metzgerei des Vertrauens und dem Angebot zufrieden seid, dann haltet dieser natürlich die Treue. Ein Blick über den „Tellerrand“ schadet dennoch nicht um den Geschmacks-Horizont zu erweitern.

Die Zubereitung

Gleich vorweg: Ich habe leider keinen Churrasqueira (Grill für offenes Feuer) und auch keine Espetos (Fleischspieße). Ich habe meinen Picanha auf meinem Gasgrill zubereitet. Wie das im Grunde ganz einfach funktioniert, erkläre ich euch gleich.

A Picanha perfeita do mestre

Werft bitte unbedingt vorab einen Blick auf das unten verlinkte Video. Es lohnt sich. Bis Minute 3:40 wird die klassische Zubereitung auf den Spießen erklärt. Wenn portugiesisch in eurem Sprachrepertoire nicht auftaucht (wie bei mir), ist das kein Beinbruch. Der „Mestre“ allein ist das Video schon wert. Ein „richtiger Typ“ der mit maximaler Leidenschaft am Grill steht, eine Churrasco-Koryphäe wenn man so will.

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Der perfekte Picanha vom Gasgrill

Alles in allem war die Zubereitung des knapp 1,2 Kilogramm schweren Hüftdeckels kein großer Aufwand. Nehmt euer Fleisch aus dem Kühlschrank und schneidet den Fettdeckel mit einem sehr scharfen Messer (z.B. Ausbeinmesser) kreuzweise ein. Achtet dabei darauf, dass ihr nicht ins Fleisch schneidet!

Anschließend reibt ihr den Picanha mit grobem Meersalz großzügig ein. Quetscht das Salz so richtig in die Ritzen des Fettdeckels. Im Anschluss lasst ihr den Picanha abgedeckt links liegen bis er nach ca. zwei Stunden Raumtemperatur angenommen hat. Dreißig Minuten mehr oder weniger machen den Kohl auch nicht fett.

Rückwärts immer, vorwärts nimmer

Der Schlüssel zum perfekten picanha

Erich Honeckers bekanntes Zitat wird einfach umgedreht und „schwupps“ habt ihr den Schlüssel zum erfolgreichen Grillen des perfekten Picanhas. Rückwärts meint, dass das Fleisch erst zum Schluss scharf gegrillt wird und nicht gleich zu Beginn. Das Grillgut wird zunächst gemütlich bis zum gewünschten Punkt gegart und schlussendlich durch starke Hitze mit einer schönen Kruste veredelt.

Mittlerweile nutzte ich bei allen größeren Teilstücken diese sehr komfortable Grillmethode. Bevor die Gäste eintrudeln, kann man das Fleisch fertig garen und dann eine unbestimmte Pause einlegen. Kurz vor dem Servieren wird das Fleisch unter großer Hitze kross gegrillt. Der Gargrad dieser größeren Fleischstücke wird dadurch nur minimal beeinflusst.

Rückwärts zum perfekten Picanha

Auf gehts, heizt den Grill an! Zündet dabei nur einen der äußersten Brenner und lasst den Grill zwischen 120 °C – 130 °C Raumtemperatur annehmen. Während sich die Temperatur einpegelt, streicht ihr das Salz mit der Rückseite eines Messers gründlich von der Fleischseite des Picanhas und grob vom Fettdeckel. Mehr Gewürze braucht dieser aromatische Cut vom Rind tatsächlich nicht.

Legt den Picanha mit der „Fettmütze“ nach oben auf den Rost der nicht gezündeten Brenner (indirektes Grillen). Schließt anschließend den Deckel des Grills. Nach ca. 25-30 Minuten hat sich das Fleisch leicht „aufgebläht“. Jetzt positioniert ihr den Temperaturfühler, schließt erneut den Grill und gießt euch schon mal ein Glas Rotwein ein.

Medium rare gegrillter Picanha auf Backpapier und Holzbrett. Salzflocken und Rosmarin schmücken das gute Stück Fleisch. Der im Hintergrund sichtbare kräftige Rotwein im Glas ist der passende Begleiter beim Essen.
Medium rare gegrillter Picanha mit krossem Fettdeckel

Sobald der Picanha eine Temperatur von 54 °C erreicht hat, nehmt ihr ihn vom Grill und gebt ihm mindestens zehn Minuten Ruhe. Heizt währenddessen den Grill nochmal richtig an. Zum Abschluss wird der Picanha nochmal scharf gegrillt. Zunächst zwei Minuten auf der Fettseite und final nochmal zwei Minuten auf der Fleischseite. Ich habe eine Plancha (Grillplatte) für den eben beschriebenen Schlussakkord verwendet. Das Fett blieb so auf der Plancha und wurde von der Fleischseite gleich wieder „aufgenommen“. Aroma pur!

Schneidet einzelne Tranchen herunter, streut ein paar gute Salzflocken darüber und fangt an zu genießen. Zum Picanha passt ein vollmundiger Rotwein hervorragend.

Lasst es euch schmecken!

P.S. Falls ihr einen alternative Cut vom Rind probieren möchtet, empfehle ich euch das Ribeye aus dem Hickory-Rauch.

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2 Kommentare

  1. Constanze

    Hi! Danke für die super Erklärung. Wir hatten das zum 1. Mal probiert aber der Gasgrill hatte uns gefordert. Das Fleisch war längst nicht so zart wie gewünscht. Wir versuchen es jetzt nochmal so! Frage: ich hab keine Grillplatte. Ginge auch eine Eisenpfanne?
    LG
    Constanze

    • Stefan

      Hallo Constanze,

      schön, dass dir die Erklärung gefällt. Aus meiner Sicht sollte eine Eisenpfanne auch ihren Zweck erfüllen!

      Vielleicht war mein Stück auch ein bisschen dicker und das Fleisch hat das verhältnismäßig lange Anbraten zum Abschluss dadurch besser „vertragen“.

      Ggf. nimmst du das Fleisch einfach schon einmal bei 48°C im Kern herunter.

      Man muss sich einfach rantasten und irgendwann passt das Ergebnis dann auch. 🙂

      Viele Grüße
      Stefan

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