Pulled Pork zählt neben Spare Ribs und Beef Brisket zur „Holy Trinity“ des amerikanischen BBQs. Diese Königsdisziplin zu meistern, ist überraschend einfach. Ich gebe euch die entscheidenden Tipps für ein saftig rauchiges Pulled Pork mit toller Kruste, welches keine Wünsche offen lässt.

Pulled Pork Burger mit Cole Slaw
Pulled Pork Burger mit Cole Slaw

Was ist Pulled Pork?

Der Übersetzung des Namens verrät im Grunde was sich hinter Pulled Pork verbirgt. Während „Pork“ mit Schwein oder Schweinefleisch übersetzt werden kann, heißt „pulled“ in diesem Zusammenhang so etwas wie „auseinandergezogen“ oder „gezupft“.

Welche Cuts eignen sich für die Zubereitung?

Für ein Pulled Pork wird in den USA ab und an auch ein ganzes Schwein (Whole Hog) verwendet, aber in der Regel kommen zwei Teilstücke des Schweins für die Zubereitung in Betracht.

Nacken und Schulter

Bei den Pitmastern dieser Welt stehen entweder Schweineschulter oder Schweinenacken hoch im Kurs. Beide Cuts zeichnen sich durch einen hohen Grad an Marmorierung aus und eignen sich daher durch den hohen intramuskulären Anteil an Fett hervorragend zur Zubereitung von Pulled Pork.

Der Boston Butt

Der bis zu acht Kilo schwere Boston Butt ist mein Geheimtipp für euch und quasi die „eierlegende Wollmilchsau“ unter den Cuts. Denn bei diesem Teilstück handelt es sich um Schweineschulter (mit Knochen) und Nacken (-anteil).

Roher Boston Butt mit starker Marmorierung
Roher Boston Butt mit starker Marmorierung

Der Name „Boston Butt“ stammt aus Zeiten des amerikanischen Unabhängigkeitskriegs. Damals wurden (erstmals in der Stadt Boston) die weniger beliebten Stücke des Schweins in Fässern (Butts) gelagert und so transportiert. Heutzutage erfreut sich dieser Cut einer weitaus höheren Beliebtheit. Dementsprechend ist der Bosten Butt eine klare Empfehlung für euch.

Woher bekommt man einen Bosten Butt?

Wenn ihr einen regionalen Biobauern an der Hand habt oder einen kompetenten Metzger kennt, dann wendet euch vertrauensvoll an diese Fachleute. Ich selbst habe meine Ware online bestellt. Die Preise sind nicht ohne, aber ihr kauft bei Don Carne oder Otto Gourmet hervorragende Qualität und bietet euren Gästen somit tolle Ware an, sodass der Preis in diesem Fall auch mal zu verschmerzen ist. Ihr bereitet ein Pulled Pork ja nicht jede Woche zu.

Wie wird Pulled Pork zubereitet?

Alle Gerichte der „Holy Trinity“, so also auch Pulled Pork, werden „low & slow“ zubereitet. Im optimalen Fall wird das Fleisch also im Rauch bei niedriger Temperatur und über mehrere Stunden gegart. Traditionell erfolgt die Zubereitung im Smoker. Ich selbst habe für die Zubereitung meinen Pelletgrill Traeger Ironwood 885 verwendet. Aber auch auf dem Gasgrill oder im Backofen ist eine Zubereitung möglich.

Schritt für Schritt zum saftigen Pulled Pork

Ich nehme euch nun mit auf die Reise zum Geschmacks-Olymp. Denn in diesem Abschnitt erkläre ich euch detailliert wie ich vorgegangen bin und gebe euch die entscheidenden Tipps, die die Schlüssel zum Erfolg für ein saftiges Pulled Pork sind.

Die Timeline im Blick behalten

Wie heißt es immer so schön: „Gut Ding will Weile haben“. Genau deshalb ist es wichtig, dass ihr früh genug anfangt, euer Pulled Pork zuzubereiten. Denn ansonsten warten Eure Gäste im schlechtesten Fall auf das niemals fertig werdende gezupfte Schwein. Also habt die Zeit im Blick. Um einen Überblick zu bekommen wieviel Zeit ihr benötigt bzw. wann ihr am besten startet, gebe ich euch ein Beispiel an die Hand: der fiktive Zieltermin zum Servieren ist der frühe Abend eines sommerlichen Sonntags (Pulled Pork schmeckt natürlich das ganze Jahr über).

Vier Nächte vorher – Tiefkühlware richtig auftauen

Habt ihr Frischware ergattern können, ist der Schritt des Auftauens für euch nicht relevant und ihr könnt direkt zum nächsten Abschnitt übergehen. Wollt ihr das Pulled Pork nun also pünktlich kredenzen und ihr habt so wie ich einen gefrorenen Boston Butt im Tiefkühler, dann habt ihr euer erstes To-do bereits vier Nächte vor dem Servieren. Im Beispiel also Mittwoch. Holt den gefrorenen „Klumpen“ gegen Mittag an diesem Tag aus der Gefriertruhe und legt ihn in den Kühlschrank. So ein großes Stück Fleisch benötigt ca. 48 Stunden um schonend aufzutauen. Auf der Website von Otto Gourmet findet ihr darüber hinaus einen guten Artikel rund um das Thema „Fleisch richtig auftauen“.

Tiefgefrorener Bosten Butt
Tiefgefrorener Bosten Butt

Zwei Nächte vorher – der Löwenanteil wird erledigt

Bis zum finalen Zupfen muss ich bei meinem Zeitplan noch zwei Nächte schlafen. In meinem Beispiel ist es nun also Freitagabend. Wenn ihr die gleich beschriebenen Schritte erledigt habt, ist der Großteil der „Arbeit“ im Grunde erledigt.

Das Fleisch parieren

Beim Parieren geht es darum überschüssiges Fett zu entfernen. Mein Ziel beim Trimmen ist es immer, soviel an Fett und Sehnen wegzuschneiden, dass ich am Ende eine möglichst homogene fleischige Oberfläche erhalte. Denn auf Fett haftet der Rub schlichtweg nicht so gut bzw. gar nicht.

Pulled Pork richtig würzen

Erst wenn sich der Rauch vom Grill oder dem Smoker mit den Gewürzen auf und in dem Schwein verbindet, entfalten sich sämtliche Aromen für ein optimales Geschmackserlebnis. Daher ist das Würzen eures Pulled Porks ein wichtiger Schritt.

Ein Rub (Trockenmarinade) als äußere Hülle

Um euer Pulled Pork mit dem Rub zu ummanteln benötigt ihr kein Speiseöl oder Senf als Bindungsgehilfen. Zunächst lege ich das Fleisch immer in eine große Edelstahlschale und streue den Rub in einem nicht zu nahen Abstand darüber. Ich gehe deshalb nicht zu nah an das Fleisch, weil ich die Trockenmarinade so besser verteilen kann.

Mit welcher Zusammensetzung ihr beim Rub arbeitet, bleibt wirklich euch überlassen. Es gibt etliche Rezepturen für passende Trockenmarinaden. Das betrifft zum einen die Zutaten, als auch die Mengen. Die nachstehend aufgeführten Ingredienzien und Gewichtsangaben habe ich für meinen letzten Bosten Butt genutzt. Die beiden Gewürzmischungen gehören zu meinen Lieblingen und im Duett fetzen die beiden noch mehr. Falls ihr merkt, dass die Menge für euer Stück Fleisch nicht ausreicht, legt einfach noch etwas nach.

Zutaten für den Rub
Die Gewürzinjektion für die besondere Saftigkeit (optional)

Ich habe meine Pulled Porks bislang immer gespritzt, was dem hervorragenden Ergebnis in keiner Weise geschadet hat. Anders formuliert, es war immer sehr saftig und äußerst zart. Auf der einen Seite verhindert das Spritzen nun also dass das Fleisch nicht zu trocken wird und auf der anderen Seite heben die Zutaten auch den Geschmack.

Solltet ihr euch für das Spritzen eures Pulled Porks entscheiden, dann kümmert euch immer erst um die Trockenmarinade und anschließend um die Gewürzinjektion. Ansonsten wird die Kleckerei (noch) größer.

Zutaten für die Gewürzinjektion
  • 90ml Apfelsaft
  • 90ml Kirschsaft
  • 120ml Wasser
  • 115g brauner Zucker
  • 55g Salz
  • 2 EL WorcestershireSauce

Alle aufgeführten Zutaten müssen in jedem Fall vermengt werden. Ich halte es immer so, dass ich die Mixtur bereits im Laufe des Tages erwärme, damit sich Zucker und Salz besser auflösen. Erwärmen hin oder her. Wichtig ist, dass ihr die Gewürzinjektion nicht kochend heiß verabreicht, sondern erst wenn sie abgekühlt ist.

Ich fülle die Flüssigkeit immer in ein hohes schmales Longdrink-Glas, damit ich die Spritze vernünftig aufziehen kann. Stecht alle 3-4 cm tief in das Fleisch. Drück nun die Flüssigkeit vorsichtig hinein und zieht beim Drücken die Kanüle langsam hinaus. Mit der Zeit entwickelt ihr ein Gefühl für das optimale Handling und ihr werdet schnell feststellen, welcher Abschnitt noch nicht versorgt wurde und noch eine Nachbehandlung benötigt. Mein erstes Spritzen war jedenfalls eine riesige Sauerei. 😉

Hardware-Tipp: Marinadenspritze – weniger ist manchmal mehr

Meine erste Marinadenspritze hat irgendwie funktioniert. Aber das Geld war sie nicht wert. Sie war trotz speziellem O-Ring nicht ganz dicht. Sie bestand aus Edelstahl und eigentlich liebe ich Edelstahl, aber ich konnte nie sehen wieviel Flüssigkeit sie geladen hatte. Außerdem war das meiste Zubehör an diversen Kanülen einfach nur Schmuck am Nachthemd.

Worauf will ich hinaus: weniger ist manchmal mehr. Ich nutze nun immer die Marinadenspritze von Rösle und bin mit ihr sehr zufrieden. Die Spritze funktioniert ohne Schnickschnack und macht was sie soll. Ich habe auch schon gelesen, dass sich einige Kollegen in der Apotheke eingedeckt haben. Also hier könnt ihr guten Gewissens euren Geldbeutel schonen und zu einem einfachen Produkt greifen.

Im Vakuum übernachten (optional)

Den Vorbereitungstag habt ihr nun fast abgeschlossen, denn auf der Agenda steht nur noch ein letzter Punkt. Nach dem Würzen ist vor dem Vakuumieren. Seit der Zubereitung meines ersten Pulled Porks handhabe ich es so und deshalb empfehle ich euch diese Option. Ich vakuumiere das gewürzte Stück immer und lasse es im Kühlschrank übernachten. Dort kann es durchziehen. Die Aromen aller Gewürze können sich verteilen. Das Pulled Pork ist dann nämlich ganz entspannt für den großen Tag. 😉

Ein Tipp für das Vakuumieren

Für den Fall das die Breite eurer Folie größer ist als die Schweißbreite eures Vakuumierers, habe ich einen Tipp für euch. Schneidet einfach eine Ecke des Folienbeutels (A) diagonal ab und schweißt (nachdem das Fleisch drin ist) zunächst die gekürzte Gerade (B) zu. Über die noch offene Gerade (C) könnt ihr dann vakuumieren und anschließend die finale Schweißnaht setzen. So könnt ihr das große Stück Fleisch hervorragend vakuumieren.

Skizze zum Zuschneiden eines Vakuumierbeutels
Skizze: Zuschnitt Vakuumierbeutel

Hinweis zu den optionalen Schritten

Warum sollte es beim Pulled Pork anders sein als in der restlichen Welt der Gerichte? Da sich über Geschmack nicht streiten lässt, führen auch beim Pulled Pork viele Wege nach „Athen“ auf den Geschmacksolymp. In den tiefen des World Wide Webs ranken sich unzählige Mythen über die Zubereitung von Pulled Pork. Deshalb habe ich die Schritte für die Injektion der Flüssigmarinade, des Vakuumierens und des Übernachtens im Kühlschrank bewusst als „optional“ deklariert.

Ihr spart beim Weglassen dieser Steps auf jeden Fall Zeit und Ressourcen. Ungeachtet dessen möchte ich die Schritte nicht missen. Ob Sie schlussendlich wirklich mehr Geschmack einbringen, habe ich noch nicht wissenschaftlich auf die Probe gestellt. Probiert euch einfach aus.

Eine Nacht vorher – vom Rauch geküsst

Ihr seid nur noch eine Nacht vom Triumph entfernt. Alles was ihr jetzt noch tun müsst, ist das Fleisch auf den vorbereiteten Grill zu legen und euch zur Belohnung ein Bier zu genehmigen. Ich beschreibe euch in diesem Kapitel detailliert wie ihr euer Pulled Pork auf einem Pelletgrill zubereitet.

Wann sollte die Session beginnen?

Schlussendlich kann man nie mit Gewissheit sagen, wann ein Pulled Pork fertig ist und die finale Kerntemperatur von ca. 92 °C erreicht ist. Jedes Fleischstück ist nun einmal anders, die Witterung kann einem dazwischen grätschen, der Grill gibt vielleicht spontan den Geist auf oder die berühmt berüchtigte Plateauphase scheint schier kein Ende zu nehmen.

Damit ihr aber am Tag der Tage mit größter Wahrscheinlichkeit fertig werdet und eure Gäste auch in den Genuss des tollen Fleisches kommen, fangt rechtzeitig an. Ich beginne meine Session ganz gemütlich am Vorabend gegen 21.00 Uhr.

Das Setup – Pellets, Temperatur & Timer

Ich verwende gerne Hickory-Pellets. Hickory-Holz hat ein kräftigeres Aroma als Apfel oder Kirsche. Wer es milder mag, sollte die beiden letztgenannten Sorten nutzen. Achtet darauf, dass eure Pelletkammer ausreichend voll ist und weitere Pellets zur Verfügung stehen, denn ich musste am nächsten Tag nochmal „nachladen“.

Die ersten drei Stunden im Rauch

Initial heize ich den Pelletgrill zunächst auf 90 °C Garraumtemperatur vor und da mein Grill so eine tolle Funktion namens „Super Smoke“ hat, aktiviere ich diese selbstverständlich, denn ich mag intensives Raucharoma. Ich starte deshalb in den ersten drei Stunden mit einer niedrigen Temperatur, weil niedrige Temperaturen das Räuchern positiv beeinflussen und das Raucharoma intensiviert wird. Falls euer Pelletgrill die Super-Smoke-Funktion nicht hat, ist das kein Beinbruch. Wichtiger ist die konstante Temperatur und generell gleichmäßiger Rauch. Stellt euch einen Timer, der euch daran erinnert, dass ihr nach drei Stunden die Garraumtemperatur erhöhen solltet.

Sobald die Innenraumtemperatur erreicht ist, kommt das Fleisch aus dem Kühlschrank auf den Grill. Was direkt aus dem Kühlschrank? Ja, denn kaltes Fleisch nimmt Rauch bedeutend besser auf als warmes Fleisch. Darüber hinaus bringt das Herausstellen aus dem Kühlschrank und der vermeintliche Versuch diesen Brocken auf „Raumtemperatur“ zu bringen nicht wirklich etwas. Da müsstet ihr das Fleisch schon viele Stunden vor dem eigentlichen Beginn aus dem Kühlschrank nehmen.

Innenraumtemperatur anpassen

Der letzte Auftrag für diesen Abend steht an. Bei mir ist es nach diesen drei Stunden kurz vor (oder nach) Mitternacht und ich erhöhe nun die Garraumtemperatur auf 115 °C. Diese Temperatur wird uns nun die restliche Zubereitungszeit konstant begleiten.

Ihr könnt die Garraumtemperatur auch auf 90 °C belassen. Nur denkt daran, dass das Pulled Pork auch nochmal fertig werden soll. Man kann „low & slow“ auch übertreiben. 😉

Führt an der dicksten Stelle des Bosten Butts noch einen Temperaturfühler ein. Berührt dabei nicht den Knochen, weil die angezeigte Temperatur am Knochen irreführend ist. Am Knochen ist die Temperatur viel heißer als am Fleisch und suggeriert euch, dass das Stück im Zweifel schon fertig ist, obwohl es noch garen müsste. Stellt eine Zieltemperatur für den Fleischkern von 75 °C ein.

Nun gönnt euch eine Mütze Schlaf und träumt schon mal mit voller Vorfreude von eurem saftig zarten Pulled Pork. Ihr habt es euch verdient.

Exkurs: Zubereitung auf dem Gasgrill

Ihr habt keinen Pelletgrill? Das ist nicht weiter wild, hatte ich vor kurzem auch nicht und habe mein erstes Pulled Pork auf meinem Gasgrill zubereitet. Schaut doch mal in meinen Artikel zur Zubereitung köstlicher Baby Back Ribs. Die Setups für den Gasgrill für das Zaubern von Pulled Pork und Baby Back Ribs ähneln sich.

Beim Pelletgrill könnt ihr natürlich die Temperatur viel simpler steuern. Beim Gasgrill müsst ihr zur Vorbereitung des Grills und während des Garens öfter ein Auge auf die Garraumtemperatur werfen. Auch bei der Überwachung des hoffentlich noch qualmenden Räucherguts (Chunks oder Chips) ist eure Aufmerksamkeit gefordert.

Entscheidend für den Erfolg beim Pulled Pork vom Gasgrill ist in meinen Augen, dass das Fleisch vor allem in den ersten drei Stunden möglichst konstant mit Rauch versorgt wird. In dieser Zeit nimmt das Fleisch die meisten Raucharomen auf. Entgegen meines Setups beim Pelletgrill ist es sinnvoll von vornherein die Temperatur auf 115 °C einzupegeln und diese konstant bis zum Ende des Garens beizubehalten. Achtet also für diesen Longjob auf eine volle Gasflasche. Wenn die Gasflasche in der Nacht leer wird und ihr davon nichts mitbekommt, wäre das mehr als ungünstig. Ansonsten haltet euch bei allen Punkten an diesen Guide und dann gelingt das Pulled Pork auf jeden Fall.

Der Tag der Tage – das Pulled Pork ist fertig

Guten Morgen! Es gibt mehrere Möglichkeiten weshalb ihr wach seid. Entweder hat euch euer Biorhythmus aus dem Bett geholt, eure Kinder oder der am Abend zuvor gestellte Timer, der die vorübergehende Zielkerntemperatur von 75 °C erreicht hat. Solltet ihr euren Kaffee am Morgen genießen und das Temperaturetappenziel von 75 °C ist noch nicht ganz erreicht, die Temperatur scheint wie zementiert und schreitet deshalb nicht voran, dann verfallt bloß nicht in Panik, denn es ist alles in bester Ordnung. Herzlichen Glückwunsch: euer Fleisch hat die Plateauphase erreicht. Im nächsten Abschnitt findet ihr wissenswerte Informationen zum Thema Plateauphase.

Boston Butt kurz vor dem Einwickeln in Butcher Paper
Boston Butt kurz vor dem Einwickeln in Butcher Paper

Die Plateauphase

Im Artikel The Chemistry of the Barbecue “Stall” wird die Plateauphase nahezu wissenschaftlich untersucht. Die Autoren von Modernist Cuisine (u.a Köche, Forscher und Fotografen) nehmen in ihrem avantgardistischen Laboratorium so ziemlich alles rund um das große Thema Nahrungsmittel unter die Lupe.

Was steckt hinter der Plateauphase?

Das „Phänomen“ Plateauphase lässt sich relativ einfach erklären, daher fasse ich für euch in aller Kürze die Erkenntnisse der Kollegen von Modernist Cuisine zusammen:
Beim Garprozess tritt Wasser aus dem Fleisch, welches an der Oberfläche verdunstet. In der Folge kühlt sich die äußere Hülle unseres Pulled Porks ab und die innere Temperatur stagniert. Ist die Umgebungstemperatur (also die Temperatur in der Grillkammer) besonders trocken (so z.B. beim Pellet- oder Gasgrill) verstärkt sich der Effekt und das bedeutet, dass die „Verdunstungskälte“ ebenfalls zunimmt. Die Plateauphase kann sich also wie Kaugummi ziehen.

Wie ihr die Plateauphase umgeht oder minimiert

Dreh- und Angelpunkt ist also die Luftfeuchtigkeit im Grill, die ihr auf unterschiedliche Weise beeinflussen könnt. Ihr habt unten anderem die Möglichkeit eine Wasserschale in den Grill zu stellen. Bei einem Water Smoker (oder auch Gasgrill) ist das sicherlich gängige Praxis. In diesen Fällen wird durch die zusätzliche Wasserschale die Luft feuchter und die Plateauphase wird zeitlich schneller vorbei sein als ohne Wasserzusatz. Im Pelletgrill möchte ich aber gerade diese trockene Umgebungsluft, weil sonst das Raucharoma flöten ginge. Deshalb ist meine Lösung zur Reduktion der Plateauphase das Einwickeln des Fleisches in Butcher Paper.

Butcher Paper

Beim Butcher Paper handelt es sich um reines Papier. Kein Witz. Ihr könnt jetzt natürlich nicht zum Malblock eurer Kinder gehen und euch daran bedienen. Die US-Kollegen aus Übersee haben hier schon ein etwas spezielles Papier entwickelt. Es handelt sich nicht um Backpapier, denn das was wir in Deutschland in jedem Supermarkt zu erschwinglichen Preisen erstehen können, ist beschichtet. Butcher Paper hingegen hat keine Beschichtung und kommt ohne Zusatzstoffe aus. Das Papier hat die Eigenschaft Flüssigkeiten, also auch Dampf langsam durchzulassen, aber auch Rauch hineinzulassen. Es hat demnach gewisse atmungsaktive Eigenschaften. Das Coolste ist also, dass diese Features eure tolle Kruste am Leben erhalten und die Plateauphase minimiert wird.

Butcher Paper vs. Alufolie

Der große Vorteil von Alufolie (dass muss man ehrlicher Weise zugeben) ist, dass ihr die Plateauphase nahezu vollständig umgehen könnt. Wenn ihr das Fleisch ganz eng in Alufolie einschlagt, kann im Grunde keine Verdunstungskühlung der Oberfläche mehr stattfinden. Das Fleisch wird konstant gedämpft. Es gart quasi wie an der Schnur gezogen bis zum Erreichen unserer gewünschten Zieltemperatur. Warum ich jedoch keine Alufolie verwende, sondern das fast schon sündhaft teure Butcher Paper, hat einschlägige Gründe.

Die Kruste bleibt erhalten. Es geht um Geschmack und ein tolle Kruste gibt eurem Pulled Pork den richtigen Crunch. Ich wette mit euch, dass euer Probierstück am Ende eins mit Kruste sein wird und ihr restlos begeistert seid. Allein schon mit dem Vorwissen, was eure Gäste gleich erwartet.

Meiner Meinung nach wird das Fleisch mit Alufolie schon fast „gekocht“ und wird im schlechtesten Fall sogar matschig. Mit Butcher Papier bleibt die zarte und dennoch bissfeste Textur erhalten.

Mir sind die gesundheitlichen Aspekte wichtig. Nicht nur für mich, vor allem für Gäste und Familie. Verbraucherzentralen haben so Ihre Meinung zur Alufolie in Verbindung mit salzhaltigen Lebensmitteln. Und wenn selbst Hersteller von Alufolie (siehe letzter Punkt „Weitere Anwendungshinweise“) bestimmte Warnhinweise ausgeben, sollte man zumindest mal über eine Alternative nachdenken.

Natürlich wird die Plateauphase mit Butcher Paper nicht vollständig ausgemerzt, aber sie wird mit den bekannten Vorteilen (Stichwort: Kruste!) minimiert, was euch und euren Gästen unnötige Wartezeit erspart.

Wo kann man Butcher Paper kaufen?

Vor geraumer Zeit war es noch gar nicht so einfach Butcher Paper zu kaufen. Die hiesigen Supermärkte haben die breiten Rollen (noch) nicht auf ihren Inventarlisten, aber die einschlägigen Online-Shops haben das gute Zeug mittlerweile fast alle im Sortiment. Ich liste hier mal einige der gängigsten Anbieter auf.

Die Aufzählung ist nicht abschließend und die Kollegen zahlen mir, wie bei allen verlinkten Produkten, keinen Obolus.

Was kostet Butcher Paper?

Die Preise werden bei den unterschiedlichsten Anbietern leider nicht immer gleich ausgewiesen. Da die zu erwerbenden Rollen in unterschiedlichen Breiten und Längen angeboten werden, empfehle ich euch auf den Preis in Euro pro qm² zu achten. Damit könnt ihr die Preise transparent vergleichen. Das ist bei Butcher Paper nun also „meine“ Vergleichsgröße. Ähnlich wie Lebensmittel im Supermarkt pro 100 Gramm oder pro Kilogramm mit „x“ Euro zu Buche schlagen.

Ich entscheide mich beim Kauf immer für Rollen mit einer Breite von 61 cm, da das Handling für mich mit dieser Breite besser ist. Bei den schmaleren Rollen, müsst ihr für große Fleischstücke meist zwei Lagen nebeneinander legen und das erhöht euren Verbrauch.

Um in „harter Währung“ zu sprechen. Liegt der Preis für den Quadratmeter bei um die 2,30 Euro, ist er in meinen Augen fair. Ihr könnt den Quadratmeter-Preis in der Regel senken, indem ihr einfach eine längere Rolle in euren Warenkorb legt . Schaut euch einfach mal ein wenig im Netz um.

Wie wird Butcher Paper verwendet?

Falls ihr beim Einpacken der Geschenke genauso schlecht seid wie ich und euer erstes Mal mit Butcher Paper nicht so ein Fiasko werden soll wie bei mir, gebe ich euch einige kleine Tipps zur richtigen Anwendung.

Seid nicht zu geizig mit dem tollen Papier. Rollt einen Abschnitt in ausreichender Länge aus und schneidet ihn ab. Wenn ihr das Fleisch nun darin einschlagt, achtet darauf, dass es wirklich so eng wir möglich anliegt. Butcher Paper schmiegt sich im trockenen Zustand nicht so schön an wie Alufolie. Das sollte kein Gradmesser sein. Es hilft tatsächlich für ein optimal enges Ergebnis, das Papier, ähnlich wie beim Geschenke einwickeln, zu falten. Ihr wisst schon wie ich das meine. Übung macht hier den Wickel-Meister.

Das Geschenk verpacken

Auf gehts! Euer erster Schritt am Morgen, selbstverständlich nach dem Kaffee trinken, ist natürlich das Einwickeln des Schweins ins Butcher Paper. Wenn es nun meisterhaft verpackt ist, steckt noch den Temperaturfühler durch das Butcher Paper wieder an die dickste Stelle des Fleisches ohne den Knochen zu berühren. Merkt euch am besten wie ihr das Fleisch eingewickelt habt um nicht den Knochen zu treffen. Als Ziel für die Kerntemperatur solltet ihr 92 °C hinterlegen. Das Präsent muss natürlich wieder zurück auf den Grill, bei geschlossenem Deckel und einer weiterhin konstanten Innenraumtemperatur von 115 °C. Je nach Fleischgröße und Verpackungsergebnis benötigt das Pulled Pork nun ca. sechs Stunden bis die gewünschte Temperatur erreicht ist. Lehnt euch zurück und genießt die Vorfreude.

Die Temperatur erreicht die Ziellinie

Ob nun in Butcher Paper gehüllt oder eben doch unverpackt: grundsätzlich gilt, dass wenn die Zieltemperatur von 92 °C erreicht ist, dass das Pulled Pork auf dem Grill nichts mehr verloren hat und fertig ist.

Wenn die Innenraumtemperatur spontan „hochgeschraubt“ wurde um die Garzeit zu verkürzen, kann es natürlich passieren, dass die 92 °C sogar schneller überschritten werden als es euch recht ist. Aber so „richtig“ fertig ist es dann im Zweifel nicht. In diesem Fall ist es vermutlich trocken.

Es kann aber auch sein, dass die Temperatur unter 92 °C liegt und das Stück fertig ist. Habt ihr euer eingewickeltes Pulled Pork bei konstanten 115 °C Innenraumtemperatur länger als z.B. 18 Stunden auf dem Grill liegen, dann probiert doch einmal mit dem Temperaturfühler in andere Bereiche des Fleisches zu fühlen. Ist die gefühlte Textur butterzart, kann es auch schon unter 92 °C fertig sein.

Ruhephase

Denkt immer daran, dass Pulled Pork kein medium rare gegrilltes Steak ist. Es hat, wenn ihr es vom Grill nehmt, eine Kerntemperatur von knapp 92 °C . Mit anderen Worten, ihr könnt es ohnehin nicht direkt in den Mund stecken. Also gönnt dem Schwein mindestens 90 Minuten Ruhe, gern auch mehr. Belasst es auf jeden Fall im Butcher Paper eingemurmelt. Ich lege es immer in meine Edelstahlschale und diese dann in eine Thermobox.

Entfernen des Schulterblatts beim Boston Butt

Falls das Pulled Pork zu früh fertig ist, kann das Prachtexemplar auch fünf bis sechs Stunden in der Box bleiben. In diesem Fall lege ich immer noch zusätzlich eine Flasche mit heißem Wasser mit in die Truhe. Geschmacklich tut diese Zeitspanne dem Fleisch keinen Abbruch. Also bleibt entspannt, der Boston Butt wird es auch sein!

Wie zupft man Pulled Pork?

Das Zupfen von Pulled Pork ist kinderleicht. Für mein erstes Pulled Pork wollte ich ganz stilsicher sein und habe mir im Vorfeld Pulled Pork Krallen besorgt. In meinen Augen könnt ihr euch solche Teile sparen. Im Endeffekt könnt ihr genauso gut zwei Gabeln eures Haushalts verwenden. Auch mit den Händen kann man super zupfen, nur sollte dafür die Temperatur schon ein wenig heruntergefahren sein. Klar, für den großen Auftritt sehen Hände und Gabeln natürlich nicht so martialisch aus und ein wenig Show muss auch sein. Ich verstehe euch also, wenn ihr doch investiert. Nach meinen Erfahrungen nur „nice to have“.

Pulled Pork
Pulled Pork

Ich zupfe niemals den kompletten Boston Butt am Stück, sondern immer nach Bedarf, nämlich das Pulled Pork was gerade zum Servieren tatsächlich gebraucht wird. Den noch nicht getupften Rest parke ich dann einfach wieder in der Thermobox.

Pulled Pork-Burger und weitere Variationen

Wie ihr euer Pulled Pork esst, bleibt wieder einmal euch überlassen. Klassisch wird Pulled Pork als Burger mit Cole Slaw serviert. Dazu noch eure favorisierte BBQ-Sauce und das fröhliche Schmatzen kann beginnen. Ein tolles Rezept für einen einfachen und leckeren Cole Slaw haben wir ebenfalls parat.

Wraps und Sandwiches mit Pulled Pork sind ebenfalls fast schon traditionelle Kombinationen. Ofenkartoffel mit Sour Creme oder Pommes sind ebenfalls altbekannte Beilagen zum Pulled Pork.

Und wenn ihr auf Begleitung verzichten wollt, verstehe ich das vollkommen. Pures Pulled Pork geht natürlich auch immer. Probiert in diesem Fall doch einfach einmal einen Schluck Apfelsaft mit feuriger BBQ-Sauce zu vermengen und diese beiden Komponenten in einem kleinen Topf leise einköcheln zu lassen. Hier kommen wirklich alle Geschmackssinne zusammen. Die Süße vom Apfelsaft, die Schärfe der BBQ-Sauce und das zarte gezupfte Fleisch mit toller Kruste.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Nachmachen. Lasst es euch schmecken!

Mini-Burger mit Pulled Pork beim Zusammenbau
Mini-Burger mit Pulled Pork beim Zusammenbau

Pulled Pork ist übrig geblieben – was nun?

Es ist tatsächlich noch Pulled Pork übrig geblieben? Im Grunde kann euch nichts Besseres passieren als das! Ihr könnt Pulled Pork prima einfrieren und habt so in kurzer Zeit mit wenig Aufwand ein immer noch leckeres Pulled Pork zur Hand.

Vakuum und Frost

Für das Einfrieren empfehle ich euch einen Vakuumierer mit entsprechenden Vakuumierbeuteln. Richtige Vakuumierbeutel sind zum einen nötig, weil dadurch Gefrierbrand vermieden wird und zum anderen weil die Vakuumierfolien bei der späteren Zubereitung Verwendung finden. Auf dem Bild seht ihr exemplarisch eine eingefrorene Portion. Sie beinhaltet 375 Gramm Pulled Pork. Eine schöne Größe für zwei Personen. Entscheidet selbst wie ihr die Portionen gestalten wollt. Noch ein Tipp: Versucht das gezupfte Fleisch nach Möglichkeit schön flach zu vakuumieren. Warum? Das lest ihr im nächsten Abschnitt.

Pulled Pork - vakuumiert und tiefgefroren
Pulled Pork – portioniert, vakuumiert und tiefgefroren

Auftauen und Wasserbad

Ihr benötigt für die Zubereitung kein Sous Vide-Gerät. Eine ausreichend große bzw. hohe und backofenfeste Schale ist ausreichend. Ihr habt es schon gelesen, ein Backofen kann auch nicht schaden. Den Backofen heizt ihr einfach schon mal auf 65 °C Umluft vor. Füllt lauwarmes Wasser in die Schale und legt den aufgetauten sowie noch immer geschlossenen Vakuumierbeutel in das Wasser. Am besten sollte der gesamte Beutel mit Wasser bedeckt sein. Daher auch der Tipp mit den „flachen“ Portionen im vorherigen Abschnitt.

Nun kommt die Schale in den Ofen. Ihr könnt das Pulled Pork super für eine Mahlzeit vorbereiten, denn bei 65 °C brennt im Wasserbad nichts an. Lasst das Pulled Pork mindestens eine Stunde im Wasserbad und dann ist es im Grunde schon verzehrfähig. Wie? Das bleibt euch überlassen. Wieder als Burger, Sandwich oder oder oder… Ihr habt die Qual der Wahl.

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